2021-04-26 Pixabay Baby-gähnen

Kiefer lösen und Mund auf! Können Sie beherzt „Ja“sagen?

Ich wohne seit einiger Zeit in Oberschwaben und fühle mich sehr wohl hier. Mein vielfach bestätigte Beobachtung ist: erstens,  nette Leute gibt es  überall und zweitens, jedes Völkchen hat seine  liebenswerten Eigenheiten. Dreimal dürfen Sie raten, wie die hiesige „Spezialität“ lautet, natürlich auf den Sprechvorgang bezogen: beim Sprechen wird der Mund nur sehr sparsam geöffnet. Es könnte ja etwas verloren gehen!
Auf diese Weise werden die Kieferbewegungen maximal reduziert.  Leider wirkt sich diese Art von Sparsamkeit unvorteilhaft auf den Stimmklang aus. Runde und resonanzreiche „AAAs“ werden zur zur Seltenheit bei diesem Sprechen mit angezogener Handbremse. Zudem führt der permanent zusammengehaltene Kiefer zu einer leichten Verbissenheit. Und jetzt mit Maske ist das überall so, deutschlandweit, weltweit.

Damit kommen wir zum grossen Thema der Ge-lassen-heit. Lassen und Lösen hängen miteinander zusammen. Sie haben im letzten Beitrag erfahren, wie wesentlich eine königliche Kopfhaltung für Ihre Ausstrahlung und Ihre Stimme ist. Ich bin gespannt, ob Sie diese neue Lebenseinstellung mit einem Buch oder einer Dreikönigskrone auf dem Kopf ausprobiert haben. Wichtig dabei ist, locker zu bleiben, sonst tut das König-oder Königinnen-Sein niemandem gut. Also: spielerisch aufrecht ohne Po zusammenklemmen und Brust raus wie bei Oma und vor allen Dingen den Kiefer locker lassen.

Auch wenn Sie nicht aus Schwaben oder Oberschwaben stammen, ist dieses Thema für Sie interessant. Denn der Kiefer ist für viele Menschen der Parkplatz für Stress und Anspannungen. Machen Sie folgenden  Test:

1) Beissen Sie die Zähne zusammen und fühlen Sie in der Mitte Ihrer Wangen nach. Hier müssten Sie eine deutliche Spannung Ihres grossen Kaumuskels spüren.

2) Führen Sie nun dazu die Gegenbewegung aus und dehnen Sie diesen Kaumuskel, indem Sie herzhaft gähnen. Wichtig: der Mund geht dabei AUF und am besten räkeln Sie sich dabei wie eine Katze. Gähnen Sie so genüsslich mindestens 3-4 Mal.

3) Streichen Sie danach Ihre Wangen von oben nach unten aus. Dabei setzen Sie Ihre Handballen am Jochbein (dem grossen Wangenknochen auf der Höhe der Ohren) an und öffnen Ihren Kiefer passiv. D.h. Ihr Unterkiefer wird ausschliesslich durch Ihre Handbewegung geöffnet. Dabei öffnet sich auch Ihr Mund zu einem länglichen Oval. Wenn es so aussieht wie „Der Schrei“ von Edvard Munch, dann haben Sie es richtig gemacht. Prüfen Sie es vor dem Spiegel.

4) Machen Sie nun sanfte Kaubewegungen und murmeln Sie dazu leise „mm“ oder „mjam, mjam“. Am besten stellen Sie sich dabei Ihr Lieblingsgericht vor. Können Sie spüren wie die Bewegung Ihres Kiefers geschmeidiger geworden ist?

5) Wenn Sie nun Ihren so geölten Kiefer weiter auf Flexibilität trainieren möchten, lege ich Ihnen einen „A“ Vers des „kleinen Hey“ ans Herz. Der Text ist zwar schon über hundert Jahre alt, hat sich aber tausendfach bewährt. Sie werden sehen, es geht nicht um den Inhalt, sondern um die Leichtigkeit und Präzision beim Sprechen:

Barbara saß nah am Abhang
Sprach gar sangbar – zaghaft langsam;
Mannhaft kam alsdann am Waldrand
Abraham a Sancta Clara!

Wenn Sie also das nächste Mal „Ja“ sagen, dann trauen Sie sich, dabei beherzt den Mund zu öffnen und Ihrem „Ja“ Klang, Fülle und Nachdruck zu schenken. Mannhaft wie Abraham oder sangbar wie Barbara.

 

 

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