Von Zeichen – und vor allem von Schriftzeichen – kann jeder ein Lied singen, der versucht hat, sich der chinesischen Sprache und Kultur anzunähern. Faszinierend dabei ist für mich, dass viele Gedanken der überlieferten chinesischen Tradition auf der genauen Beobachtung der Natur beruhen. Über hunderte von Jahren hinweg entwickelten sich daraus die für uns westliche „Langnasen“ so faszinierend anmutenden chinesichen Schriftzeichen. Eines davon möchte ich hier genauer betrachten. Es ist aus zwei verschiedenen Piktogrammen zusammengesetzt.
Unsere Kalligraphie besteht aus zwei Zeichen. Das obere Zeichen zeigt eine Person, die aufrecht und gut geerdet auf dem Boden steht. Die Erde ist durch die unterste Linie gekennzeichnet, eine stabile Horizontale. Für mich heißt das: die Erde trägt uns. Sie gibt uns Halt und einen guten Stand, so dass wir von dort aus sicher nach oben wachsen können. Die so erfahrene Aufrichtung hat im wörtlichen Sinne etwas mit Richtung zu tun und auch mit Aufrichtigkeit.
Wir können Aufrichtigkeit durch unsere Körperhaltung kommunizieren. Darüber hinaus können wir persönliche Integrität über unsere Stimme vermitteln. Davon handelt das untere Zeichen. Ein geöffneter Mund ist darin gut erkennbar. Die mittlere Linie zeigt an, dass die Ausatemphase gemeint ist, denn hier ist symbolisch die Zunge dargestellt. Sie beeinflusst als mächtigster Muskel im Mundraum maßgeblich die Klanggestaltung. Doch das ist eine andere Geschichte.
Beide Zeichen zusammen (yin) bedeuten Ton, Klang, Geräusch. Damit wird uns mehr als deutlich vor Augen geführt, dass eine gute Aufrichtung die Voraussetzung für eine authentische Stimmgebung ist. So kann Körperklang geschehen. Wo die pure ratio an Grenzen stößt, hilft es uns, Zusammenhänge auf ganzheitliche Weise zu ver-stehen. Dazu lade ich Sie ein!